Europäische Union verabschiedet AI Act
Bereits im April 2021 leitete die EU-Kommission ein Gesetzgebungsverfahren für eine KI-Verordnung ein. Im Sommer 2023 hat das Europäische Parlament die rasante Entwicklung von generativen KI-Systemen in seinen Änderungsvorschlägen einbezogen. Ende 2023 kam zu einer Einigung von Parlament, Rat und Kommission. Nach der Zustimmung der Mitgliedsstaaten im Ausschuss der ständigen Vertreter Anfang Februar, hat vor wenigen Tagen auch das Parlament den AI Act in der Fassung des Trilog-Ergebnisses gebilligt. Auch wenn es noch eines letzten formalen Beschlusses des Rates bedarf, kann nun mit einem Inkrafttreten des AI Act im Frühsommer gerechnet werden. Die meisten Bestimmungen werden allerdings erst 24 Monate später anwendbar sein.
Die Transparenz- und Kennzeichnungspflichten des AI Act
Ein wichtiges Ziel der rechtspolitischen Aktivitäten der Urheber und Rechtsinhaber waren vor allem die Transparenz- und Kennzeichnungspflichten bei Modellen und Systemen generativer KI (sog. General Purpose AI (GPAI)). Anbieter („Provider“) sind nun verpflichtet, eine „hinreichend detaillierte Zusammenfassung“ („sufficiently detailed summary“) über die Inhalte, die für das Training der GPAI-Modelle genutzt wurden (sog. Input), zu veröffentlichen. Als Grundlage dient ein Muster („Template“), das von dem geplanten AI Office gestaltet werden soll, aber derzeit noch nicht vorliegt. Ziel ist es, den Urhebern und Rechtsinhabern zu ermöglichen, ihre Urheberrechte wahrzunehmen. Ob und wie dies tatsächlich möglich sein wird, ist allerdings noch offen.
Beim Output sieht der AI Act vor, dass Anbieter von GPAI-Systemen, die Text, Bild, Audio oder Video generieren, sicherstellen müssen, dass diese als solche gekennzeichnet und erkennbar sind. Die Vorgabe gilt allerdings dann nicht, wenn das KI-System unterstützend für „standard editing“ genutzt wurde.
Ferner wird bei „Deep-Fake“-Produkten mit Bild-, Audio- oder Video-Inhalten verlangt, dass auch die Verwender („Deployer“) die KI-Erzeugnisse kennzeichnen. Allerdings gibt es hier eine Sonderregelung für künstlerische, satirische oder fiktionale Werke.
Soweit es um einen Text geht, der mit der Absicht veröffentlicht wird über Angelegenheiten von öffentlichem Interesse zu informieren, sind ebenfalls die Verwender von GPAI-Systemen verpflichtet, KI-Erzeugnisse als solche zu kennzeichnen. Ist aber eine redaktionelle Überprüfung erfolgt und trägt eine Person die redaktionelle Verantwortung, wird von dieser Kennzeichnungspflicht abgesehen.
Insgesamt muss sich in der Praxis erst noch zeigen, wie sich die Transparenz- und Kennzeichnungsvorgaben des AI Act bestmöglich umsetzen lassen. Das gilt nicht zuletzt im Hinblick auf die kollektive Rechtewahrnehmung der Verwertungsgesellschaften.
AI Act und Urheberrecht
Der AI Act enthält keine materiellen urheberrechtlichen Regelungen und ändert die bestehenden Urheberrechtsrichtlinien nicht. Allerdings wird in der Verordnung an verschiedenen Stellen auf das Urheberrecht Bezug genommen. Grundsätzlich ist das zu begrüßen. Problematisch ist aber, dass im AI Act offenbar angenommen wird, dass die vergütungsfreie gesetzliche Erlaubnis („Schrankenregelung“) für Text und Data Mininig auch für KI-Trainingszwecke Anwendung findet.
Diese Frage ist urheberrechtlich umstritten und müsste durch den Gesetzgeber deshalb auch im Rahmen des Urheberrechts geklärt werden, nicht aber im AI Act, der die urheberrechtlichen Regelungen nicht ändert.
Insgesamt gilt ohnehin, dass der urheberrechtliche Handlungsbedarf im Zusammenhang mit KI nunmehr intensiv geprüft werden muss, um etwaige Regelungsvorschläge möglichst bald vorlegen zu können.
Quelle: VG Wort
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AI Act von Dr. Robert Staats in der Zeitung des Deutschen Kulturrats: »p&k«, März 2024