Bekannt ist Koloman Wagner für seine außergewöhnlich lebendig und dynamisch wirkenden Holzplastiken, die er Schicht für Schicht aus hunderten geometrischen Elementen aufbaut – eine ungewöhnliche Herangehensweise an den Werkstoff Holz, die er selbst als „Curved stacking“ bezeichnet. Die feine Maserung des Holzes bildet zusammen mit der geometrischen Schichtstruktur eine organische Einheit. Dynamik und Linienführung entwickeln eine eigenständige, organische Formensprache. Koloman Wagners Raumobjekte überraschen und begeistern gleichermaßen: In ihrer sinnlichen Präsenz berühren sie den Betrachter, verströmen Leichtigkeit trotz ihrer Größe und wirken zugleich kraftvoll und elegant, voller Energie und Spannung.
Was verleiht diesen Skulpturen ihre organisch fließende Anmutung, ihre harmonische Wirkung, ihren faszinierenden Schwung? Koloman Wagners künstlerischer Ansatz besteht darin, Musik in Form zu überführen – oder anders gesagt: Musik sichtbar zu machen. Grundlage dieses Ansatzes ist das Raum-Zeit-Kontinuum, ein Konzept aus der theoretischen Physik. Auf Basis mathematischer Gleichungen übersetzt Wagner Musik in Skulpturen und – umgekehrt – Skulpturen in Musik. In seinen Holzplastiken bedient er sich einer musikalischen Formensprache: Kompositionen, etwa von Johann Sebastian Bach, werden als räumliche Formen interpretiert, die Partitur wird so zum Bauplan der Skulptur. Dieses Verfahren verbindet präzise wissenschaftliche Prinzipien mit künstlerischer Intuition und verleiht den Werken ihre einzigartige, harmonisch fließende Struktur.
Unter dem Titel „Capriccio“ spannt die Ausstellung einen Bogen über Holzplastiken, Zeichnungen, Grafiken und audioplastische Installationen – eine Grenzüberschreitung zwischen Bildhauerei und Komposition, die einen neuen Blick auf Koloman Wagners Werk eröffnet. Wissenschaftliche Forschung wird hier ästhetisch umgesetzt, sichtbar und sinnlich erfahrbar: Die Ausstellung bietet ein außergewöhnliches Seherlebnis und lädt ein, die Verbindung von Musik, Raum und Form in einer völlig eigenen Formensprache zu entdecken.
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Bildnachweis: Koloman Wagner: Compact Melodies